Der nächste Sommerurlaub steht an. Eigentlich wollten wir ja bereits 2014 Portugal besuchen, nachdem es schon lange auf unserer Wunschliste steht - doch dann kam unsere Wohnung dazwischen. Zwar immer noch nicht vollständig nach unserem Geschmack, aber doch bereits so wohnlich, dass wir Zeit für und Lust auf einen neuen Urlaub haben. Also gut, Portugal.
Aber wohin fährt man in Portugal? Ein Städte-Trip nach Lissabon? Doch lieber an die Algarve zum Sonnenbaden? Oder nach Porto zum Wein-Trinken? Aber warum eigentlich nicht alles zusammen? Also zwei Wochen - die Planung beginnt. Von Norden nach Süden? Von Süden nach Norden? Egal, auf jeden Fall nicht alles in einem Rutsch fahren müssen - das ist uns dann doch zu stressig. Ist die Entfernung von Porto an die Algarve doch fast 600km und damit eigentlich ein Tagesritt. Also zweiteilen. Die Reihenfolge bestimmt dann die Verfügbarkeit von den auserkorenen Quartieren.
Christiane muss FR noch arbeiten, ich habe dank Fenstertag frei. Wir treffen uns im CAT-Terminal, jeder mit einem Koffer "bewaffnet", Christiane ist von einer Causa in der Kanzlei noch leicht gestresst, weil bekanntlich alles anders kommt als man denkt. Egal - Urlaubs-Modus ist angesagt!
Wir fliegen Lissabon an. Mit der Metro geht's in die Stadt. Die Straße ist schnell gefunden, doch halt - wo ist unser Hotel? Da gibt es nix! Ein paar Meter weiter, nein, Hausnummern sind schon zu hoch, also zurück. Es beginnt gerade zu regnen, na super. Hmmm, eigentlich ist der Bio-Burger-Laden genau dort, wo unser Hotel sein sollte - die Casa do mercado Lisboa. Na, fragen kostet ja nix. Hurra, wir haben's gefunden! Das Haus hat zwei Eingänge, einen an der Straße - der Laden, und einen zweiten von der rückwärtigen Straße - und hier sieht's (wenn man es weiß :-) auch schon mehr nach Unterkunft aus. Kaum haben wir uns häuslich eingerichtet und sind ins Bett gekrochen schläft Christiane auch schon. Der Tag war doch lang und anstrengend. Frühstück gibt es im Bio-Laden an der Straßenseite, kleine Auswahl, aber qualitativ hervorragend. Top sind die selbst gemachten Fruchsäfte (oder auch Detox-Saft - igitt, das MUSS gesund sein, schmecken tut's nämlich nicht :-)
Wir lassen es gemütlich angehen und verlassen gegen Mittag das Hotel. Einer der ersten Stops ist bereits ein Lokal mit Weinverkostung portugiesischer Weine. Genial gemacht, einfach ein paar Euro auf eine Chipkarte buchen und man kann sich durch die verschiedenen Weine durchprobieren - am Automaten, ganz ohne Stress. Geniale Idee, warum haben wir sowas nicht in Österreich? Guten Wein hätten wir genug! Ein paar Shops und einen Kaffee-Stop weiter dann der große Schock - mein Smartphone is weg!!! Also im Rekord-Tempo rückwärts, alle Locations wo wir waren, nochmal abklappern, vielleicht finden wir es ja. Beim letzten - eben der Weinverkostung - stützt Christiane dann auf mich zu - nach etlichen Versuchen das Handy anzurufen hat jemand abgehoben! Wir verabreden uns für ein Treffen am Rossio beim Springbrunnen - dort hatte ich es dann schlussendlich auch "verstreut". Zwei englische Mädels haben es gefunden und übergeben mir das Handy. Mit den Worten "Many, many thanks for finding it. You saved half my life on it!" bedanke ich mich bei den beiden. Es gibt sie also doch noch, ehrliche Menschen. Mädels, wer immer ihr ward, wo immer ihr seid - DANKE! Kurze Zeit später dann das nächste Malheur - neue Kamera, ungewohnte Menüs, und schwupps, anstelle eines einzelnen Bildes lösche ich alle Bilder auf der Kamera. Na super, der Urlaub beginnt ja toll... Ein leckeres Abendessen in einem Fischrestaurant stimmt mich dann doch versöhnlich und rettet den Tag.
Etwas, das uns bereits vor einigen Jahren bei einem Besuch in Budapest aufgefallen ist, ist hier in Lissabon noch stärker ausgeprägt: Obwohl im Erdgeschoss mit Geschäften (durchaus auch teuren!) bestückt, sind viele Häuser in den oberen Geschossen in einem sehr schlechten Zustand. Zerbrochen Scheiben oder sogar zugemauerte Fenster, wuchernde Dach-Bereiche oder gleich gar kein Dach mehr. Das Warum bleibt unbeantwortet - neben Geldmangel ist sicherlich auch die Enge der Straßen und Gehsteige ein Problem. Während bei uns einfach der Gehsteig gesperrt und ein Kran darauf gestellt wird, sind die Gehsteige in Lissabon teilweise so schmal, dass daran nicht zu denken wäre. An ein gänzliches Sperren der Straße für einen Kran im (für uns) unüberschaubaren Einbahn-Gewirr sicherlich auch nicht. Also müsste das meiste manuell bewerkstelligt werden.
Unseren Füßen wird rasch klar - außer der Wasserlinie entlang des Flußes ist hier nichts eben, Lissabon besteht aus einem permanentes Hügel-auf-Hügel-ab. Dafür ist die Aussicht in den "Oben"-Bereichen durchaus atemberaubend. Auch im Stadtteil Belém ist das nicht anders. Der Torre de Belém, die verspielte (und daher missglückte) Variante eines Wehrturmes, ist hier ebenso berühmt wie das Seefahrer-Denkmal. Die bereits von Ingrid und Manuel als leckere Wegzehrung angepriesenen Pasteis de Nata gibt es hier als berühmte Pasteis de Belém - aber dank einer kilometerlangen Schlange, die sich darum anstellt, winken wir dankend ab. Dafür erweist sich der Hinweis im Reiseführer auf leckere gefüllte Baguettes als Volltreffer - wir picknicken im nahegelegenen Park. Lecker! Die (falsche) Golden Gate Bridge (die Ähnlichkeit ist aber gegeben, wurde sie doch ebenso von der US Steel Company errichtet) leuchtet rot über dem Tejo. Eine erste Runde mit der bekannten 28E Tram führt uns bequem durch ein Stück noch unbekanntes Lissabon nach Martim Moniz, einem weitläufigen Platz in Lissabon (und nahezu keinen baufälligen Häusern). Müde aber voller Eindrücke treten wir den Weg ins Hotel an.
In der Igreja Santo António de Lisboa bedanke ich mich für mein wiedergefundenes Smartphone. Unser Weg führt uns über die Cathedrale Sé und mehreren Aussichtspunkten zu einem Plätzchen unter Bäumen am Jardim da Cerca da Graça, wo wir bei Serrano-Schinken, Oliven, Brot und Getränken picknicken. Weiter geht es mit der Metro zum ehemaligen Expo Gelände in Lissabon. Der Stadtteil wurde nach der Expo zu revitalisieren versucht, will aber nicht so recht in die Gänge kommen - vielleicht sind wir aber auch einfach zu früh im Jahr unterwegs, viele Lokale sind geschlossen. Abendessen gibt es in der Markthalle - ein Potpourri an Lokalen bzw. Ständen mit langen Reihen von Tischen. Vom Afterwork-Yuppie mit Krawatte bis zum Touristen im Schlabber-Look (so wie wir :-) findet sich hier ein bunter Mix an Personen zum Abendessen. Risotto negro mit Scallops für Heinz, Chicken Piri-Piri für Christiane füllt unsere Mägen. Christiane fällt zurück im Hotel rasch ins Koma, ich mache mich über die zweite Hälfte der Flasche Rotwein her.
Fehlt noch der westlichere Teil von Lissabon, außer Belém haben wir hier noch nicht viel gesehen. Also entern wir wieder die 28E und reiten bis zur Endstelle, dem Eingang zum Friedhof Cemitério dos Prazeres, ähnlich Père Lachaise mit prächtigen oberirdischen Grabstätten - zu unserem Erstaunen "stapeln" sich in winzigen Mausleum-ähnlichen Häuschen 10 oder mehrere Särge, oftmals durch eine Glasscheibe in der Eingangstür zu betrachten. Befremdlich, entspricht es doch so gar nicht unserer Friedhofs-Kultur. Geld zu haben war aber scheinbar auch damals bereits wichtig, große Namen mit großen Grabstätten, beschämend an den Rückseiten angeordnete "normale" Gräber für die weniger Betuchten... Ein kleines Päuschen im nahe gelegenen Jardim da Estrela macht uns fit für unseren letzten "Pflichtbesuch", dem Castelo de São Jorge. Langsam aber doch schwindet unser Blut-Zucker, ein Muffin verhindert schlimmeres und bringt uns weiter. Da wir genügend Zeit haben machen wir uns zu Fuß auf den Weg Richtung Hotel, suchend nach einer Location für ein leckeres Abendessen. Da uns nichts wirklich anspringt entscheiden wir uns, zum "Best Chicken in Town" mit dem Grill in der Auslage weiterzugehen, den wir am Hinweg gesehen hatten. Schock - die haben noch gar nicht offen! Gnädigerweise öffnet das Lokal dann aber doch noch um 19:30, sonst hätten wir uns wieder in der Markthalle gestärkt. Happy, satt und müde begeben wir uns auf den Heimweg. Rotwein ist aus - aber wozu gibt es ein angeschlossenes Lokal? Also einen kurzen Abstecher zwei Stock tiefer und Heinz kann doch noch sein abendliches Gläschen Rotwein genießen.
Wir sind wieder etwas spät aus dem Hotel gekommen, aber heute ist es egal, Reisetag. Wir fahren mit der Metro zurück zum Flughafen und holen unser Auto. Ein knallroter Nissan Juke. Nach anfänglichen Problemen (das Navi hat keinen Chip mit Karte, war aber dann sehr rasch und freundlich behoben) machen wir uns auf die erste 300km-Etappe nach Süden an die Algarve.
Wer uns kennt weiß, dass Massentourismus und Legebatterien nicht unser Ding sind. Also haben wir auch für die Algarve eine Absteige gewählt, die unserem individualismus eher gerecht wird. Nur wie findet man diese inmitten einer Ansammlung riesiger Touri-Hochburgen? Zum Glück wissen Navi und dann letztlich Google bestens Bescheid und wir kommen spätabends in der Villa Nautilus an. Ein langer Tag findet sein Ende, nach dem Check-In fallen wir müde in unsere Betten. Draußen ist es stockfinster, kein bisschen Aussicht ist zu sehen. Na gut, dann halt morgen...
Am nächsten Morgen werden wir dafür mit einer grandiosen Aussicht begrüßt. Das Fruhstücks-Buffet ist deutlich reichhaltiger als in Lissabon, neben Schinken, Käse, Rührei, Brot und einigen süßen Bebäckstücken gibt es auch Joghurt, Früchte, Müsli. Doch rigendwie will die Art der Präsentation und auch die Qualität nicht so recht zum Umfeld passen. Vielleicht stellen wir hier aber auch zu hohe Ansprüche und das Angebot ist absolut ok, wer weiß das schon so genau. Nach dem Frühstück holen wir die Aussicht bei einem langen (Verdauungs-) Päuschen auf unserer Terrasse nach, wir schaffen es erst am Nachmittag das Hotel zu verlassen, um die Klippen Ponta da Piedade bei Lagos zu besuchen, auf denen wir auf einem Wanderweg entlangklettern wollen. Der Weg ist leider in einem jämmerlichen Zustand, auf einer Seite geht es ständig steil nach unten, Christiane is "not amused" und so beschließen wir, den Klippenweg nach einigen hundert Metern wieder abzubrechen und klettern lieber die zahlreichen Stufen der steinernen Treppe in eine der Buchten hinab. Puh, die müssen wir anschließend auch alle wieder rauf! Klares Wasser (aber *brrrr*, kalt, ist und bleibt der Atlantik) und wir sind umringt von bizarren Felsformationen. Zurück an der Oberseite der Klippen schauen wir noch in das Städtchen Lagos und checken die Lage auf der Suche nach Ausflugsbooten für den nächsten Tag. Abends sitzen wir bei einer Flasche Rotwein (ich) und Keksen (Christiane) auf unserer Terrasse und lassen unseren 5. Hochzeitstag ausklingen.
Am nächsten Tag fahren wir nach einem faulen, gemütlichen Frühstück wieder nach Lagos - um die Felsformationen vom Boot aus zu besuchen. Einer der ersten Anbieter, ein freundliches Mädel, spricht uns an, macht auch gleich einen guten Eindruck und wir buchen. Keine 10min später sitzen wir auf dem Boot und fahren Richtung Meer. Am nächsten Tag wird sich rausstellen, dass die Bootstour trotz Sonnencreme Spuren auf den Oberschenkeln von Heinz hinterlassen hat - rote :-). Das Meer hat über Jahre bizarre Formationen aus dem Gestein gewaschen, viele der Höhlen und Löcher sind so groß dass wir mit unserem Boot durchfahren können. Die Sonne meint es gut mit uns, das Blau des Meeres strahlt - abgesehen vom Sonnenbrand eine sehr nette Tour über eineinhalb Stunden. Nach Lagos machen wir uns zum Farol da Ponta da Piedade auf, einem Leuchtturm auf den Klippen südlich von Lagos. Weiter geht es zum Südwest-Zipfel von Portugal, Sagres, bzw. zum Leuchtturm Cabo de San Vicente. Anschließend wollen wir an die Atlantikküste, auf gut Glück fahren wir eine Schotterstraße zur Klippenkante nahe Vila do Bispo. Noch nicht ganz angekommen sehen wir in der Nähe unseres Autos einen Paragleiter niedergehen, der am Boden nochmal von einer Böe erwischt und über den Boden geschleift wird. Wir halten und fragen ob wir helfen, oder ihn zumindest mitnehmen können. Dankend verstaut Uwe (ein in Portugal lebender Deutscher, wie sich schnell rausstellt) seinen Schirm im Kofferraum, aber wir können es nicht lassen und fahren noch bis an die Klippen um einen Blick zu erhaschen - und werden mit einer traumhaften Aussicht belohnt. Anschließend bringen wir Uwe zum nahe gelegenen Strand Praia da Cordoama, den wir für einen ausgedehnten Strandspaziergang nutzen.
Fortaleza De Sagres, ein portugiesisches Nationaldenkmal mit einer riesigen, im Boden eingelassene Kompassrose hat leider wegen Umbau/Renovierung geschlossen, also ziehen wir weiter. Abendessen gibt's im Strandrestaurant im Martinhal Beach Ressort, einer großzügigen und leicht luxuriös angehauchten Anlage. Ich habe noch nie Rosmarin als geschnittene Büsche entlang der Wege gesehen, aber der Geruch ist traumhaft.
Am nächsten Tag erkunden wir die Nachbarschaft um unser Hotel, gehen einen kleinen Weg entlang und gelangen über die Nachbaranlage zum dortigen Strand, den wir wieder für einen kleinen Spaziergang nutzen.Mehr als die Zehen ins Wasser zu halten ist einfach nicht drin, das Wasser ist für uns bekennende Warmduscher einfach zu kalt. Nach einer kleinen Sonnenanbetung am hoteleigenen Pool - Fast-Sonnenbrand inklusive - fahren wir nach Albufeira, ein stark touristisch geprägtes Städtchen und erleben Massentourismus wie aus dem Bilderbuch. Kein Ahnung, was der Reiseführer daran gefunden haben könnte. Dafür gibt es eine kleine Marina mit netten Lokalen, die wir auch für unser Abendessen nutzen. Einzig beeindruckend war ein Künstler, der aus Sand und Wasser lebensgroße Skulpturen mit Boot, Hund und Fischer modelliert. Faszinierend was möglich ist!
Und wieder heißt es für uns weiterzuziehen, wir verlassen die Algarve und fahren zurück in den Raum Lissabon, den wir bewusst bisher ausgepart hatten. Beide Brücken über den Tejo von bzw. nach Lissabon sind bemerkenswert, man sollte sie bei einem Lissabon-Besuch keinesfalls auslassen. Da wir Lissabon über die Ponte de Vasco da Gama verlassen hatten, wollten wir über die Ponte 25 de Abril (heimlich von mir wegen des ähnlichen Stils Golden Gate II genannt) wieder zurück kommen. Das traf sich hervorragend, hatten wir doch den gesamten südlichen Bereich von Lissabon, also genaugenommen Almada und damit auch die Chrsto Rei Statue ausgespart. Das wollten wir nun nachholen. Ein imposantes Bauwerk - eine 28m hohe Statue auf einem 75m hohen Sockel, 113m über dem Tejo. Zu Füßen dieser Statue, 75m über dem Boden erscheint die Statue noch riesiger, man kommt sich dabei plötzlich recht klein und auch ein klein wenig unwichtig vor - fast ein bisschen wie die Ameise im Buch "Mieses Karma" :-)
Von hier aus hat man nach Norden einen atemberaubdenden Blick über Lissabon und dessen Umgebung.
Von hier aus ging es weiter nach Estoril, einem sehr netten Städtchen, in das sich im Sommer früher die Reichen und Schönen geflüchtet haben dürften, vielleicht ist das auch heute noch so. Zumindest war die Dichte an dicken, fetten Autos deutlich höher als in jedem anderen Gebiet Portugals, das wir zuvor gesehen hatten. Wir hatten Glück, vor dem Casino war gerade ein Street-Food-Festival im Gange! Wir hatten ohnehin schon wieder Hunger (wann haben wir das nicht ;-) und kosteten uns durch einige Stände. Nach der Stärkung ging es weiter zur hübschen Uferpromenade, die wir für einen ausgedehnten Spaziergang nutzen, gegen 18Uhr verließen wir Estoril wieder und fuhren weiter weiter nach Cabo da Roca, dem westlichsten Punkt des europäischen Kontinentes. Nach der Besichtigung des gepflegten Leuchtturmes ging es anschließend weiter nach Ericeira in die Residencia Vinnus. Wir waren von dem Städtchen Ericeira enzückt - hatten wir doch das Gefühl, gerade das bestgepflegteste Städtchen Portugals entdeckt zu haben. Eine Besonderheit hatte unsere "Absteige" dann ebenfalls noch zu bieten: Es wird zwar Frühstück angeboten, es gibt aber keinen Frühstücksraum. Wie kann das gehen? Die Betreiber haben aus der Not eine Tugend gemacht: Zur bestellten Zeit klopft es dezent an der Tür, und man bekommt einen Früstückskorb mit Brot, Käse, Schinken, Saft, heißem Kaffee, Müsli usw. ins Zimmer gereicht. JUUHUUU! Früstück im Bett!
Ein Tagesausflug führt uns nach Sintra. Angelangt kommen wir aus dem Staunen eingentlich nicht mehr heraus - wir haben Sintra und was es zu bieten hat, massiv unterschätzt. Eine entzückende Stadt - größer als erwartet, hügeliger als erwartet, sehenswerter als erwartet. Schnell wird uns klar - das laufen wir an einem Tag nie! Relativ schnell ist auch eine Lösung zur Hand - hier gibt es so wie fast überall in Portugal TukTuks, dreirädrige Wägelchen mit Moped-Lenker vorne und Sitzbank hinten, von der knatternden (aber charmant altmodischen) Piaggio-Variante mit Vespa-Lenker und der altbekannten hakeligen Handschaltung bis zum (hyper)modernen Elektro-Tuktuk. Um kleines Geld erklärt sich der Fahrer bereit, nicht nur eine Runde durch die Sehensüwrdigkeiten mit uns zu unternehmen, sondern auch die Runde für uns zu unterbrechen und uns so Zeit und Gelegenheit zu verschaffen, die vorbeiziehenden Sehenswürdigkeiten selbst besichtigen zu können. Knatternd setzt sich das TukTuk in Bewegung - Himmel, hier geht es ja noch mehr auf und ab als wir ohnehin schon gewohnt sind! Am Palácio Nacional da Pena, dem ab 1840 auf den ehemeligen Ruinen eines Klosters erbauter Königspalast stoppen wir, wir zahlen den Fahrer und bekommen das Versprechen, in zwei Stunden wieder hier abgeholt zu werden. In einem edlen Speisezimmer krabbeln drei Personen auf allen Vieren unter dem Tisch herum und putzen alles auf das Genaueste. Hier sieht es im Inneren so aus als wäre der König gerade auswärts und würde jeden Moment zurückkommen, tatsächlich musste der portugiesische König 1910 das Land verlassen und ging nach Großbritannien ins Exil. 771 Jahre Monarchie in Portugal sind damit beendet.
Voller Eindrücke schwappen wir mit einer Gruppe Touristen aus dem Palast. Viele Leute stehen herum und warten scheinbar auf den nächsten Bus. Von unserem TukTuk keine Spur. Die Zeit vergeht, wir werden nervös - haben wir den TukTuk-Fahrer falsch eingeschätzt? Hätten wir doch nicht den vollen Preis zahlen sollen, sondern einen Teil einbehalten? Schulterzucken und um eine Erfahrung reicher begeben wir uns zur Busstation, immer gut wenn es einen Plan B gibt. Bei der Bus-Station sind eine ganze Menge Leute angestellt - ob die - und damit auch wir - in dem Bus alle Platz finden werden? Ein Mitarbeiter der Verkehtrsbetriebe erklärt heftig gestikulierend, dass es einen Unfall mit einem TukTuk gegeben hat, alle Straßen völlig verstopft sind und der Bus derzeit nicht fahren kann. In kürzester Zeit sind alle vorhandenen Fortbewegungsmittel, TukTuk, offene Buggies und ähnliches von Menschen in Beschlag genommen, die weiter wollen. Also kein TukTuk, kein Bus, keine anderen Verkehrsmittel - wir beeiten uns schon selisch darauf vor, eine halbe Stunde den Fußweg steil bergab zu trotten - da entdecken wir unseren TukTuk-Fahrer! Er hat uns nicht versetzt, sondern ist so wie auch der Bus und viele andere ein "Opfer" der Umstände und des Verkehrschaos geworden. Er hatte aber eine (deutlich längere) Ausweichroute gefunden und war gekommen, uns abzuholen. Wir sind happy - unsere Menschenkenntnis hat uns nicht im Stich gelassen. Wir willigen auch noch ein, ein junges Pärchen das ebenfalls gestrandet ist, mit zum Bahnhof zu nehmen. Zu viert ist es auf dem Bänkchen dann doch reichlich eng, als wir knatternd talwärts fahren. Am Bahnhof entlassen wir die beiden, und knattern weiter Richtung Quinta da Regaleira. Der Fahrer fährt einen Zickzack-Kurs durch das Gewirr der Gassen, um dem Vehrkehr auszuweichen und uns zu unserem Ziel bringen zu können. Als ich ihm dann zum Schluss noch einen 10er-Schein extra zustecke scheint er sichtlich gerührt, wir sind es in einem gewissen Maße auch. Ich glaube das Pärchen hat ihm als Dankeschön auch noch eine Kleinigkeit zugesteckt. Um ein kleines Abenteuer reichen nehmen wir die nächste Sehenswürdigkeit in Angriff. António Augusto Carvalho Monteiro, ein reicher Portugiese mit brasilianischen Wurzeln hat mit der Quinta da Regaleira einen romantischer Palast mit Kapelle in einem riesigen Park geschaffen, unzähligen Grotten, unterirdische Kavernen und Gänge, Quellen, Springbrunnen und eine ganze Reihe kleiner Bauwerke durchziehen den Park. Beim Anblick des Hauses meint Christiane: Das hier erinnert mich gewaltig an das Haus aus der Addams Family :-) Zentrales Ziel der Anlage ist mehr oder weniger der Initiation Wells, der Brunnen der Erleuchtung, auch wenn er mehr einer steinernen Wendeltreppe aus dem Berg in ein kleines Türmchen denn einem echten Brunnen entspricht. Alleine hier sind wir traurug, dass wir Sintra nicht mehr Zeit einräumen können, viele der "Geheimnisse" des Parks können wir nicht ergründen, da einfach die Zeit dazu fehlt. Die Parkzeit ist ebenfalls längt überzogen, doch glücklicherweise hat es niemand bemerkt. Wir machen uns auf den Weg zurück nach Ericeira, schnell haben wir uns für das Abendessen auf den kleinen Hamburger-Laden schräg gegenüber unseres Quartiers geeinigt - nichtwissend, dass dieser am Montag scheinbar geschlossen hat. Na dann zum Nachbarn, wir haben Hunger und sooo groß scheint die Auswahl heute nicht zu sein. Christiane gibt sich mit einem Hühnchensalat zufrieden, während Heinz mit mit gegrilltem Oktopus in die Vollen kegelt. Satt und müde wackeln wir zurück in unser Zimmer - Zeit ins Bett zu gehen, morgen geht es wieder auf die Straße. Porto, wir kommen!
Für unser Quartier in Porto wurden wir im Vorfeld gebeten, eine ungefähre Ankunftszeit anzugeben. Diese wollten wir auch einhalten, doch einfach durchrauschen nach Porto war uns dann doch zu langweilig. Die Landkarte verriet uns, dass Fatima auf unserer Route liegt. Fatima ist ein Ort, den wir als völlig auf seine Rolle als Wallfahrtsort ausgerichtet erlebt haben. In weitem Umkreis beschäftigt sich nahezu jedes Geschäft mit dem Verkauf von Devotionalien - Religion als Business. Berichten zufolge erschien 1917 drei Hirtenkindern die Mutter Gottes, zwei der Kinder starben noch im Kindesalter, das dritte Kind wurde Nonne und starb erst im hohen Alter. Heute sind sie wieder vereint, ihre Grabstätten befinden sich in den Seitenschiffen der Basilika Santuário de Fátima. Um den Ansturm der Gläubigen bewältigen zu können wurde auf dem gegenüber-liegenden Ende des Platzes, auf dem die Basilika steht, die neue Kirche Igreja da Santissima Trindade erbaut, die annähernd 9000 Gläubigen Platz bietet. Beeindruckt verlassen wir den Ort, nicht jedoch ohne vorher noch eine Kerze zu entzünden. Der Weg führt uns weiter in die Universitätsstadt Coimbra, doch angesichts der zu überwindenden Höhenmeter auch in dieser Stadt verlässt uns der Mut und wir schlendern lieber durch die engen Gässchen der "Unterstadt". Ein Snack von Nuts - eine Art Tortilla mit Nutella - und ein Espresso geben uns genügend Energie für die Weiterfahrt nach Porto. Mit leichter Verspätung treffen wir in Porto ein, wo wir schon von unserer Vermieterin im Appartment Almada 340 erwartet werden. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an Frank und Marika für den ausgezeichneten Tipp für das Quartier in Porto - mit Abstand das beste Quartier der Reise. Ein kleiner Wermutstropfen war die Parkplatz-Situation in Porto - entweder sie sind nicht vorhanden oder gebührenpflichtig. Wir hatten dann entnervt das Auto in einer teuren Tiefgarage abgestellt, unsere Vermieterin verriet uns jedoch, dass ganz in der Nähe der Wohnung eine Parkgarage mit Sonderkonditionen für Mieter verfügbar sei - Situation gerettet.
Wenn man beginnt Porto zu erkunden wird schnell klar, warum es die heimliche Hauptstadt Portugals ist. Die Stadt ist ebenso wie Lissabon (Tejo) von einem Fluss durchzogen, dem Douro. Oder Duoro wie er in Spanien heißt - dort wie da ist der Fluß quasi Garant für ausgezeichneten Wein. Ist doch der Douro das Anbaugebiet des weltweit bekannten Port-Weins. Die Stadt Porto liegt oberhalb des vom Douro tief in die Landschaft geschnittenen Flußbettes, wo früher Hafenkneipen waren hat sich eine nette Gastro-Meile gebildet. Die Südseite des Douro wird vom Portwein dominiert - hier finden sich unzählige Weinkeller und Portwein-Hersteller. Die ganze Riege der klingende Namen wie Sandeman, Graham, Burmester oder Ferreira sind hier vertreten. Portwein ist ein spezieller Süß- bzw. Dessertwein, dessen Gärung durch Zugabe von reinem Alkohol gestoppt, somit der Alkoholgehalt erhöht und gleichzeitig die Restsüße bewahrt wird. Am Besuch der Kellerei einer der berühmten Portwein-Hersteller kommt man quasi nicht vorbei - bei vielen Gelegenheiten bekommt man einen Voucher, der zur Verkostung in einer der Kellereien berechtigt. Klar, mal dort, wird tendenziell auch fleißig gekauft. Und schon rentiert sich die Geschichte :-) Unseren Voucher z.B. erhielten wir als "Beigabe" zu den Tickets des Teleférico de Gaia, einer kleinen Seilbahn auf der Südseite, die bei Vila Nova de Gaiadie die "obere Ebene" der Stadt mit der Uferpromenade des Douro verbindet. Empfahlenswert, man hat eine nette Aussicht und erspart sich die beachtlichen Höhenmeter zu Fuß.
Kommt man auf dem oberen Niveau aus der Stadt in Flußnähe fallen einem rasch zwei Bauwerke auf: Das Mosteiro da Serra do Pilar und die Ponte Dom Luís I. Beim Anblich der gewaltigen, zweigeschossigen Brücke denkt man unwillkürlich an den Eiffelturm. Was auch naheliegend ist, wurde sie doch basierend auf Plänen eines Schülers von Eiffel, Ingenieur Théophile Seyrig errichtet, derselbe Schüler, der mit seinem Lehrmeister einige Jahre zuvor auch die Ponte Maria Pia bereits erbaut hatte. Die Brücke ist übrigens 385m lang und wiegt 3000 Tonnen, der gewaltige Stützbogen darin hat eine Höhe von fast 45m. Beide Bauwerke erscheinen wegen ihrer herrlichen Beleuchtung besonders des Nachts imposant.
Sich vom herrlichen Uferbereich des Douro loszureißen fällt schwer, zu viel gibt es zu beiden Seiten zu sehen - doch man sollte es tun - viele Sehenswürdigkeiten bietet Porto selbst, die man nicht versäumen darf. Eines der Must-See ist sicherlich die Kirche Igreja dos Clérigos mit ihrem gewaltigen Glockenturm Torre dos Clérigos. Hat man sich aufgerafft, die Höhe des Turmes zu erklimmen, wird man dafür mit einem herrlichen 360° Rundum-Blick über die Stadt belohnt. Ebenfalls nicht zu versäumen ist sicherlich der herrliche Bahnhof Porto São Bento, seine mit unzähligen Azulejos geschmückte Vorhalle ist wirklich sehenswert. Überreichlich geschmückt präsentiert sich der Palácio da Bolsa - dem Börsepalast. Porto hatte früher neben Lissabon eine eigene Börse. Auf engem Raum wird man hier von Pracht, Farben und Formenreichtum schier überschüttet. Der absolute "Overkill" war aber dann schlussendlich die Kirche Igreja Monumento de São Francisco, in der alles in Gold erstrahlt, angeblich wurden beinahe 100kg an Blattgold verarbeitet. Der Vatikan hatte damals angesichts des ausufernden Prunkes beschlossen, die Kirche zu entweihen.
Doch leider muss auch einmal der schönste Urlaub zu Ende gehen, ein wenig traurig, dass er nahezu vorbei ist machen wir uns zurück auf den Weg nach Lissabon. Nicht jedoch ohne noch einmal bei Nazaré unsere Füße in den Atlantik zu halten. - Ich denke, wir werden irgendwann zurückkommen.
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